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Achtung Wild! Erhöhte Unfallgefahr durch Zeitumstellung

Marius Holler - stock.adobe.com

Statistisch findet alle zwei Minuten ein Wildunfall in Deutschland statt. Wird im Frühjahr und Herbst die Uhr umgestellt, ist die Gefahr besonders hoch. Denn Wildtiere benötigen einige Tage, um ihr Verhalten an veränderte Verkehrsaufkommen anzupassen.

"Ab April sind viele Wildtiere auf der Suche nach geeigneten Lebensräumen und Partnern. Dann überqueren sie Straßen häufiger als sonst. Das passiert meist in der Dunkelheit oder Dämmerung. Verschiebt sich plötzlich die Rush Hour im Berufsverkehr, sind die Tiere nicht darauf eingestellt", erklärt Dr. Falko Brieger, Experte für Wildunfälle an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA).

Opfer und Schäden auf beiden Seiten

Eine lebensgefährliche Situation für Mensch und Tier: Jährlich sterben bundesweit im Schnitt zehn Personen bei Wildunfällen, 2.000 bis 3.000 werden verletzt. Insgesamt 250.000 Wildtiere fallen den Zusammenstößen zum Opfer. Mit Abstand am häufigsten Rehe (200.000), gefolgt von Wildschweinen (20.000). Füchse, Marder und Hasen sind ebenfalls oft betroffen, allerdings existieren für sie keine Gesamtzahlen. Der Sachschaden liegt bei knapp einer Milliarde Euro pro Jahr.

Wildwarnreflektoren wirkungslos

Brieger und sein Team am FVA-Wildtierinstitut suchen nach Wegen, den Verkehr in Wildgebieten sicherer zu machen. Zu den ältesten und bekanntesten Schutzmaßnahmen in Deutschland gehören Wildwarnreflektoren an Straßenleitpfosten. Sie sind seit über 60 Jahren im Einsatz. "Wir haben ihre Wirkung auf das Wildtierverhalten umfangreich mittels Videotechnologie untersucht und sind zum Ergebnis gekommen, dass sie das Risiko eines Unfalls nicht reduzieren", sagt der Diplom-Forstwirt.

Wie können Wildunfälle verhindert werden?

Wesentlich wirksamer sind Querungshilfen wie Grünbrücken und Unterführungen in Kombination mit Wildschutzzäunen an besonders kritischen Stellen: "Für die Verkehrssicherheit und den Lebensraumverbund wichtige, teure und nur punktuell umsetzbare Instrumente", konstatiert Brieger. Der Experte schlägt deshalb einen gezielten Mix aus Maßnahmen vor.

Teststrecken im Südwesten

Wie dieser aussehen könnte, wird derzeit in Baden-Württemberg untersucht. Als Modellregionen dienen der Bodensee- und Enzkreis, eine Region zwischen Nordschwarzwald und Karlsruhe. Hier wurden an Wildunfallstrecken digitale Displays zur Warnung von Verkehrsteilnehmenden installiert. Auf weiteren Abschnitten sollen zudem temporäre Geschwindigkeitsbegrenzungen und vergrößerte Verkehrszeichen erprobt werden. An unübersichtlichen Straßenrändern werden Büsche und Sträucher ausgedünnt. Noch stehen die Praxistests am Anfang.

Faktor Mensch

Grundsätzlich appelliert Brieger dafür, auf Überlandstraßen mit gesteigerter Aufmerksamkeit unterwegs zu sein. "Menschen können ihren Teil zur Unfallprävention beitragen, indem sie sich der Gefahr durch querende Wildtiere bewusst sind und insbesondere in Straßenabschnitten im Wald oder bei eingeschränkten Sichtverhältnissen mit angemessenem Tempo fahren."

Hintergrund

Eine detaillierte Bilanz und interaktive Karte der Wildunfälle in Baden-Württemberg (Stand: Januar 2024) finden Sie auf der FVA-Website.

Der Arbeitsbereich Lebensraumverbund und Wildunfälle ist Teil des FVA-Wildtierinstituts und beschäftigt sich mit der Entwicklung und Umsetzung von Fachkonzepten zum Lebensraumverbund, der Funktionalität und Wirksamkeit von Korridoren und (Wieder-)Vernetzungsmaßnahmen, den Auswirkungen der Landschaftszerschneidung, Wildunfällen, Leit- und Sperreinrichtungen, Präventionsmaßnahmen sowie Strategien zur langfristigen Reduktion von Wildunfällen. Der Arbeitsbereich ist zudem im Auftrag des Landes Baden-Württemberg für die fachliche Begleitung zur Umsetzung des Generalwildwegeplans zuständig und Mitglied im interministeriellen Arbeitskreis "Verkehrssicherheit & Wildtiere".

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